Berufswunsch Profi-Fußballer: Könnte eigenständiges Training zusätzlich zum Vereinstraining der Schlüssel zum Erfolg sein?

Fußball ist die wohl beliebteste Sportart in unserem Land. In keinem anderen Sport gibt es so viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene die einem Verein angemeldet sind, und nirgendwo gibt es mehr Zuschauer, die Wochenende für Wochenende in die Stadien pilgern oder sich Spiele im Fernsehen ansehen. Viele begeisterte Jugendfußballer verfolgen schon von klein auf das Ziel, einmal Profi-Fußballer zu werden. Doch aufgrund der großen Dichte in diesem Sport, ist es oft gar nicht leicht, sich gegen die vielen ebenfalls hochmotivierten Konkurrenten auf dem Weg zur Spitze durchzusetzen.

Fußballakademien als Sprungbrett zum Profifußball

Auch die Förderung von jungen Talenten ist im österreichischen Fußball vorbildhaft. Schon ab einem Alter von 10 Jahren haben talentierte Jugendfußballer die Möglichkeit in einem Leistungszentrum oder Landesausbildungszentrum mit den besten Gleichaltrigen und mit hervorragend ausgebildeten Trainern zu trainieren.

Ab 14 Jahren ist die Aufnahme in eine Fußballakademie möglich, wo Schule und Sport miteinander verbunden werden. Mit etwa 7 aufeinander abgestimmten Trainingseinheiten pro Woche werden die Jugendlichen optimal in ihrer Entwicklung gefördert. Doch trotz der guten Vorbereitung ist der Sprung in die Profimannschaft sehr schwierig. Plötzlich muss man sich nicht nur gegen in die Begabtesten in seinem Alter durchsetzen, sondern auch noch gegen die Besten aus den älteren Jahrgängen. So wird es für einen talentierten 16-Jährigen sogar schwierig, sich einen Stammplatz in der Amateur-Mannschaft zu erspielen, denn dort kämpfen ebenfalls talentierte Spieler schon seit ein paar Jahren um den Sprung in den Profi-Kader. Sehr viele Fußballer nehmen nach der Akademie dann den Umweg über einen Verein in der Ober- oder Landesliga, um Spielpraxis in einer Kampfmannschaft zu sammeln. Das ergibt auch Sinn, Spielpraxis ist ein wichtiger Faktor in der Entwicklung eines jungen Fußballers. Für viele junge Talente endet hier aber der Weg zum Profifußball und die Karriere wird im Amateurfußball fortgesetzt.

Fehlender Trainingsumfang als Stolperstein

Sehen wir uns die typische Woche eines Landesligavereins im Meisterschaftsbetrieb einmal an: Montag, Dienstag und Donnerstag wird trainiert, am Freitag findet das Spiel statt. Eventuell gibt es am Samstag dann noch ein regeneratives Training. Das Training am Donnerstag dient nur noch zur direkten Vorbereitung auf das kommende Spiel, ein wirklicher Trainingsreiz wird nicht gesetzt. Auch das Training am Samstag, wenn überhaupt eines stattfindet, dient eher der Regeneration und weniger der Leistungsentwicklung. Inklusive Spiel kommt man also auf 3 wirkliche Trainingsreize in der Woche, während es in den Jahren davor, in der Fußballakademie, bis zu 8 Trainingsreize waren.

Auch die Trainingsinhalte unterscheiden sich deutlich. Während in der Akademie der langfristige Leistungsaufbau im Vordergrund steht, wird im Vereinsfußball meist nur über den Zeitraum einer Saison geplant. Man kann dies den Trainern auch nicht verübeln, schließlich können ein paar verlorene Spiele schon den Rauswurf für sie bedeuten. Was nutzt es dem Trainer jetzt, wenn das junge Talent in 4 Jahren in der Bundesliga spielt, aber in der aktuellen Saison nicht optimal in Form ist? Für den Spieler heißt das oft aber, dass die langfristige konditionelle Entwicklung ab diesem Zeitpunkt einen Stillstand erleidet.

Trainingsumfang in anderen Sportarten

Ein ambitionierter Tennisspieler, der es noch zum Profi-Spieler schaffen will, kommt unter 3 Stunden Trainingszeit pro Tag kaum aus. Das inkludiert natürlich neben dem Tennistraining zusätzliches Athletiktraining, Krafttraining, Beweglichkeitstraining oder regenerative Inhalte. Ein junger Judoka, der versucht an die Spitze zu kommen, steht nahezu täglich mit seinem Trainer auf der Matte und absolviert zusätzlich noch mehrmals pro Woche sein Krafttraining. Und das obwohl er weiß, dass er auch als Weltmeister nicht reich mit diesem Sport wird. Auch ambitionierte Schwimmer sind neben ihren täglichen Einheiten im Wasser noch mehrmals pro Woche im Fitnessstudio und auf der Laufbahn. Während sich also ein junger Landesliga-Fußballer, der eigentlich noch den Sprung in die Bundesliga schaffen will, über die harte Vorbereitungsperiode mit 5-6 Einheiten pro Woche nach den 8 Wochen Winterpause beschwert, können andere Sportler nur darüber lachen.

Individualtraining für langfristige Leistungsentwicklung

Der wichtigste Aspekt für die Entwicklung eines jungen Fußballers ist die Spielpraxis im Meisterschaftsbetrieb, keine Frage. Trotzdem könnten viele ambitionierte Spieler von zusätzlichen Trainingseinheiten profitieren. Leider sind die Trainer und auch die Spieler selbst oft der Meinung, dass zusätzliche Belastungen kontraproduktiv sein könnten und nur unnötig ermüden. Wenn man sich aber das Trainingspensum in anderen Sportarten oder auch in den Fußballakademien ansieht, merkt man, dass diese Sorgen bei planmäßiger Trainingsgestaltung unbegründet sind. Oft sind junge ambitionierte Landesligaspieler noch Schüler oder Studenten und haben daher auch genügend Zeit und Energie, um zusätzliche Trainings zu absolvieren.

Trainingsinhalte könnten gezieltes Kraft-, Schnelligkeits- und Ausdauertraining zur langfristigen Leistungssteigerung sein. Rumpfstabilitätstraining und Beweglichkeitstraining kann nahezu täglich ausgeführt werden, ohne groß zu belasten und beugt sogar noch Verletzungen vor. Auch fußballspezifisches Koordinations- und Techniktraining könnte mit Hilfe eines Individualtrainers oder in Kleingruppen zu weiteren Trainingsfortschritten führen.

Meiner Meinung nach würden also viele ambitionierte Fußballer von individuellem Training abseits des Vereinstrainings profitieren. Richtig ausgeführt und periodisiert kann es so auch im Erwachsenenalter noch zu zusätzlichen konditionellen und technischen Leistungssteigerungen kommen. Gerade junge Spieler, die über die nötige Zeit, Energie und Ambition verfügen, sollten anfangen umzudenken und etwas mehr Eigenverantwortung für ihr Training übernehmen. In vielen anderen Sportarten wäre es undenkbar, sich auf 3-4 Trainingseinheiten im Verein zu verlassen, ohne selbstständig noch weitere Trainings zu absolvieren.